Ankunft der Kamele auf Schloss Pretzsch (April 1583)
Die Kamele kommen, die Kamele kommen! So schnell kann dem kursächsischen Erbmarschall Hans Löser nichts aus der Ruhe bringen. Aber heute Vormittag war er sehr aufgeregt.
Er war berühmt, nicht nur in Sachsen. Hans Löser führte den Ehrentitel „Ruhm des gelehrten Adels“ „lumen eruditae nobilitatis“, war gleichzeitig Kurfürstlich Sächsischer Rat, Obersteuereinnehmer, Dompropst des Kaiserlich Freien Stiftes Naumburg, Dechant zu Meißen, Assessor des Kurfürstlich Sächsischen Hofgerichtes zu Wittenberg.
Hans Löser wollte unbedingt einige Kamele in seinem neu gestalteten Tierpark haben. Hier waren schon einige wertvolle Zuchttiere untergebracht. Besonders bekannt war der Erbmarschall für seine Pferdezucht. Aber der Besitz von exotischen Tieren bewies zur damaligen Zeit die Weltläufigkeit eines Herrschers. Sein treuer Verwalter Christian Thieme hatte die feierliche Ankunft der Kamele schon vorbereitet. Im Wirtschaftsflügel mit der Schlossküche war ein emsiges Treiben des Schlosspersonals zu hören. Der Erbmarschall hatte Gäste eingeladen, die sich das einmale Schauspiel mit anschauen sollten. Abgesandte kamen aus Wittenberg, von der Burg Klöden, den Schlössern Annaburg und Lichtenburg. Kurfürst August, der im Alter von 57 Jahren noch recht fit war, hatte abgesagt.

Die Kamelart, so genannte Dromedare mit einem Höcker, die sich sowohl als Last- als auch Reittier eignen, kamen von Adrianopel (Türkei) über Brünn, Prag, Dresden, Torgau nach Pretzsch.
Übernachtet haben die Kamele zuletzt in einer Wassermühle, nordwestlich vom Dorf Greudnitz. Eine reichliche Wegestunde von Pretzsch entfernt. Hans Löser hatte von seinem Vater das „Wassergeleit“ übernommen. Dieses Recht, auf einem Abschnitt der Elbe Zoll erheben zu dürfen, war der Familie von Kurfürst August 1555 verliehen worden. Mit den daraus resultierenden Einnahmen verpflichteten sich die Lösers zu einer Schutzleistung für Verkehr und Handel auf der Elbe im gesamten Amt Pretzsch. So kann man annehmen, dass Löser enge Kontakte zu Händlern pflegte.

Zur Repräsentation genügte seinem Vater das alte Schloss aus gotischer Zeit nicht mehr. Er ließ in verhältnismäßig kurzer Zeit (1571-1574) ein bedeutendstes Schloss im Renaissancestil errichten. Auch ließ der Vater den Lösergarten neu gestalten. Dazu kam nun ein Tiergarten.

Hans Löser ist erst vor einigen Tagen von Dresden mit seiner Frau mit einem großen Gefolge, voran der Brautvater Siegmund von Pflug, nach Pretzsch gekommen. Er hat die Jungfrau Ursula von Pflug aus dem Haus Creynitz geheiratet. Der Kurfürst August von Sachsen hatte diese Hochzeit für seinen Erbmarschall ausgerichtet und mit Kosten nicht gespart.
Alle Gäste waren beeindruckt, als die Kamele mit den Händlern durch das große Tor, das zum Schlosshof führte, kamen. Die Zugbrücke, die über den Schlossgraben führte, war schon in aller Frühe hochgezogen worden. Die Tiere machten einen erstaunlichen ruhigen und gepflegten Eindruck. Sie hatten sich in der Mühle einige Tage erholt.

Nachdem die Dromedare in der Nähe des Schlosses befindlichen Tierparks untergebracht waren, begaben sich die Gäste in den im 1. Stock liegenden Festsaal.
Die Tische waren reichlich gedeckt mit hervorragenden Speisen und Getränken: Wein aus Jessen, Bier aus der eigenen Brauerei, Wildbrett und frischer Fisch (die Lösers hatten das Vorkaufsrecht auf dem Pretzscher Markt).
Aber am meisten waren die Gäste beeindruckt von den bemalten Holzbalkendecken, die Lucas Cranach der Jüngere und seiner Wittenberger Werkstatt, im Auftrag seines Vaters geschaffen hat.

Noch heute sprechen wir in Pretzsch von einem „Lösergarten“. Er befand sich südlich vom Parkhotel bis in der Nähe der Kirche.

Annales der Stadt Pretzsch (1540 – 1840) von Johann Gottlieb Tepohl 1583 Der E. ehrw. u. gestr. Hans Loeser uff Pretzsch und die E. ehrentugendsame Jgfr. Ursula Pflugin, des E. Siegmund Pflugens sel. nachgel. Tochter haben uff Fastnachten als den 9 Febr. uff des Churfürsten zu Sachsen Unkosten zu Dresden Wirthschaft gehalten und den 15 Feb. zu Pretzsch die Heimfahrt gehalten.

Die Besitzer der Schahmühle machten mich darauf aufmerksam, dass wohl Ende des 16. Jahrhunderts ein Schah (persischer Fürst) mit Kamelen in der Mühle übernachtet haben soll. Die Wassermühle stand nordwestlich von Greudnitz (heute Landkreis Nord- Sachsen). Die Bezeichnung: Schah –Mühle, Gemarkung Wörblitz Flur 2 Flurstück 192/10
Uns ist die Wassermühle aber seit Generationen unter „Schack-Mühle“ bekannt. So wird 1615 ein Zschakmüller Martin Stock genannt. 1741 ein Leiße, Meister in der Schackmühle.

Diese Erzählung beruht auf einer wissenschaftlichen Arbeit von Herrn Dr. Michael Bischoff, (Weserrenaissance – Museum Schloss Brake). Er dokumentiert, dass der lippische Graf Simon VI. 1597 von dem Schlossherren Hans Löser aus Pretzsch an der Elbe 3 Kamele erhalten hat. Auch ein gräfliches Rechnungsbuch belegt, dass 1599 vier Kamelsättel von einem Sattler angefertigt wurden. Offensichtlich haben sich die Kamele auch noch zwei Jahre nach ihrer Ankunft in Lippe bester Gesundheit erfreut und wurden als Reittiere verwendet.
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Gemeine Rosskastanie am Golmer Weinberg